Nach uns die Sintflut, mit uns die Sinnflut

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Kleine Geschichte zu Beginn. Eine mittlerweile in unserer Klinik zu einem „Running Gag“ gewordene Fehlinterpretierung einer Diagnose meinerseits dürfte als perfekte Beschreibung für das neue Werk der Gebrüder Bartsch aus Leipzig werden. Statt schwere Depression las ich aus dem Arztgekritzel „schöne Depression“. Das zweigeteilte Album Gefüge ist im Grundton von tiefer Depression, schwarz gefärbt, beherbergt aber eine strahlende Schönheit. Es ist schwermütig, sicher. Besitzt sakrale bis klassische Momente und intoniert Texte, die sich voller Gefühlswirrungen tief in die Gehörgänge schneiden. Die Monotonie als agonischer Akt der Finsternis. Hingebungsvoll dargeboten, mit einem Gesang, der Texte lebt und gleichsam eine bedrückende Gefühlswelt in die Herzen des Hörers impliziert.

Musik, Text, Gesang ist ein in sich geschlossenes, komplexes Gebilde und das Duo geht noch weiter, in dem es dieses mit einem Artwork präsentiert über das man alleine schon stundenlang philosophieren könnte. Hier ist bis ins kleinste Detail alles durchdacht, ein Rädchen greift ins Nächste. Wer sich intensiv mit dem aktuellen Werken „Gefüge 1“ und „Gefüge 2“ beschäftigt geht auf eine faszinierende Reise. Wer dann auch noch den Mut besitzt etwas weiter die Reise zu verfolgen, geht in das eigene Ich. Es ist mehr als Musik, es ist die Vereinigung der stärksten Gefühle unseres Seins, der Liebe und der Trauer, und zwar in einer vollkommen wertfreien Bezeichnung. Soll heißen, beide Gefühle sind nicht in Gut oder Schlecht unterteilt sondern bilden die Partnerschaft der „echten“ Gefühle. Ich hab mich sowohl in der Review, wie auch in dieser Einleitung gesträubt, Vergleiche mit anderen Bands zu machen (vor 14 Jahren gab es eine Veröffentlichung eines heute bekannten Künstlers, der durchaus als Vergleich dienen könnte) weil Sinnflut ganz einfach eine eigene Identität haben, mittlerweile fünf Alben veröffentlichten und im GesamtGEFÜGE einzigartig sind. (andreas)

Amboss: Warum habt ihr euch dafür entschieden Gefüge 1 und 2 als zwei einzelne CDs zu veröffentlichen und kein Doppelalbum gemacht?

Manuel:
Das ist natürlich die erste Frage, die sich jeder Hörer stellt, wenn er sieht, dass beide Alben zum selben Zeitpunkt veröffentlicht wurden. Aber warum? Es gibt eine Reihe von Folge-CDs (z.B. Sopor Aeternus oder ASP) die zeitlich getrennt von einander veröffentlicht – vielleicht aber auch zum selben Zeitpunkt produziert wurden. So gesehen machen wir also nichts Neues. Jeden dieser Künstler hätte man fragen können, warum er nicht sofort eine Doppel-CD herausgebracht hat. Die Besonderheit an unserem Release ist eben, dass KEIN zeitlicher Abstand zwischen den Veröffentlichungen lag. Und der Grund dafür sind die Hörer und das umklammernde Konzept.

Die Grundüberlegung bestand darin, dass wir den Zuhörer nicht überfordern wollten. Wir hatten Angst, dass die Länge einer Doppel-CD Unaufmerksamkeit hervorrufen würde und all die Worte und Noten im letzten Drittel in den unvermeidlichen Wahrnehmungshintergrund zu verschwinden drohen. Wir wollten dies auf jeden Fall vermeiden. Andererseits steht es uns aber auch nicht zu, den Hörer in seiner Entscheidungsfreiheit zu entmündigen und ihm vorzuschreiben, was er musikalisch verträgt und was nicht. Aus diesem Grund haben wir uns zur Doppelveröffentlichung entschieden – auch wenn dies für uns einen erheblich höheren finanziellen Aufwand bedeuten sollte.

Magnus:
Letztendlich sind wir uns auch einig geworden, dass Jede der „GEFÜGE“-CDs musikalisch in sich abgeschlossen ist. Zwar fügen sich beide Teile ineinander, sie bleiben jedoch zwei eigenständige Werke. Und dies trifft genau den Kern des „GEFÜGE“!

Amboss: Beide Teile sind trotz der materiellen Trennung eng miteinander verbunden, gibt es dennoch Unterschiede?

Magnus:
Sicherlich! Wären sie nicht eigenständig genug, hätten wir ein Doppelalbum machen müssen!

Manuel:
Ja, beide CDs sollten von vorn herein der Ambivalenz genüge tun und sowohl eigenständig, als auch eng mit einander verflochten sein. Das stand die ganze Zeit fest und wäre auch in einem Doppelalbum zum Tragen gekommen. Die Materielle Trennung hat nur einen zusätzlich verstärkenden Effekt.

Die inhaltlichen Unterschiede liegen natürlich im Zeitpunkt der beschriebenen Geschichte. Das Davor den Teil 1 und das Danach den Teil 2.

Amboss: Zu Beginn steht der Song „Anfang“, das Komplettwerk endet aber nicht mit „Ende“ sondern hört mit dem Schlußsong „Im Kreise“ auf. Deutet er auf einen ewigen Kreislauf hin (das Werk als Entlosschleife) oder ist hier ein Ausblick auf die nächsten Arbeiten erkennbar (dazu würde auch die Schlussstrophe hindeuten)?

Manuel:
Richtig, es ist eine art Schleife – aber bitte nicht als „Endlosschleife“ des Werkes gedacht. Deshalb auch besser „Kreis“. Es sind mal große und mal keine Kreise, in denen sich mal das Eine, mal das Andere wiederholt. Niemals sind aber die Kreise Identisch. Es gibt und wird auch immer Unterschiede geben. Deiner Beobachtung wäre schärfer noch hinzuzufügen, warum nicht gleich „GEFÜGE – Teil 2“ mit „Im Kreise“ endet, sondern der musikalische Abschluss bereits bei „Ende“ geschieht. Die Antwort ist einfach: Jedem Ende folgt ein Neuanfang und umgekehrt – so auch bereits in „GEFÜGE – Teil 1“ dem Anfang folgt fast auf Schlag das Ende („Das Ende der Demut“) wobei dieses Ende für unsere Geschichte einen Neuanfang (einen neuen Kreis) unserer Figur darstellt. „Im Kreise“ bildet sprachlich genau diesen Übergang. Das dieses Stück jedoch einen Ausblick auf die nächsten Arbeiten erkennbar werden lässt, soweit möchte ich jedoch nicht gehen.

Amboss: Der größte Unterschied zu deutschsprachigen Dark Wave Bands ist für mich der Gesang, während viele die Texte rezitieren, wirken eure Vocals wie ein zusätzliches Instrument, welches die düstere Atmosphäre noch verstärkt. Wie wichtig ist der Gesang im Kontext mit der Instrumentierung?

Manuel:
Es ist das menschliche Element. Der Gesang ist die Personifizierung der zu übermittelnden Gefühle. Dass er sich in die Instrumentierung eingräbt ist auch nur natürlich, da die Instrumente diese Gefühle melodisch weiter tragen um später erneut von den Stimmen übernommen zu werden. Es ist ein Geben und Nehmen, doch den Takt geben die Stimmen mit ihrem Text vor.

Amboss: Wie entstand die Idee zur Adaption von Goethes Erlkönig in „die Königin“?

Manuel:
Es war die Konstellation der Figuren und Goethes brillante Vers-Metrik. Ich habe versucht sämtliche Reimstrukturen aufrecht zu halten um das Metrum so wenig wie möglich zu verändern. Die Herausforderung bestand darin, die Rhythmik zu erhalten, gleichzeitig aber den Inhalt vollständig zu ersetzten.

Amboss: Wenn man sich Goethes Werk mal mit etwas böswilliger Interpretationsfreude nähert, könnte es auch um Kindesmisshandlung gehen. Wie sieht eure Interpretation aus?

Manuel:
Meine Interpretation zu Goethes Erlenkönig geht weit weg vom Thema Kindesmisshandlung. Eher das Gegenteil lese ich heraus: Die Sorge eines Vaters um seinen Sohn, der schwer erkrankt in seinen Armen liegt und das dramatische Scheitern des väterlichen Rettungsversuches.

Amboss: „Friedwelt“ beschreibt eine utopische Welt voller natureller Schönheit. Menschheit und friedliche Welt, sind dies zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschließen?

Manuel:
Ohne Umschweife: Ja. Der Mensch ist zurzeit sein eigener Untergang. Aber man soll die Hoffnung niemals aufgeben…

Amboss: Wie würdest du im gleichen Song das Bild beschreiben, welches dich auslacht?

Manuel:
Es wird bereits im Text beschrieben! Eine Landschaft, die den blick über Berge und Meere schweifen lässt. Vorbei an Vögeln, in einer unbeschreiblich klaren Luft und schneeweißen Wolken, die durchdrungen werden von Licht und Wärme und ihren beruhigenden, schützenden Schatten auf Gras und Blüten werfen.

Amboss: Könntest du uns „SIE“ in „Nicht im Leben“ etwas näher beschreiben?

Manuel:
Nein, dass kann ich leider nicht. Nur soviel: „Sie“ hat ihre Ruhe gefunden, sie ist jetzt glücklich.

Amboss: „Rotes Meer“ im gleichnamigen Song scheint eine Metapher zu sein, wofür steht sie?

Manuel:
Wofür sie genau steht, soll jeder für sich selbst entscheiden. Sie ist bewusst ohne explizite Erläuterung geblieben – im Kontext, so glaube ich aber, und in Bezug auf das eigene Erlebte, erschließt sich das Deutungsgeflecht. Letztendlich ist es vielleicht aber auch unabhängig von Namen und Titel, worin man treibt…

Amboss: Du beschreibst hierin den Tod deines Bruders und du beschreibst es wie eine reale Geschichte. Also kein Gedicht, wie bei vielen anderen Stücken. Was hat euch zu diesem Song bewogen und gibt es Ängste den anderen zu verlieren?

Magnus:
Es sind keine realen Verlustängste! Es ist eher als eine Art Szenerie aufzufassen, eine fiktive Geschichte, in die man sich gedanklich hinein versetzt und auf eine bestimmte Art und Weise aufarbeitet.

Amboss: Trotz aller Traurigkeit ist es auch durch den vorhandenen Refrain eines der eingängigeren Stücke. Ist die Entstehungsgeschichte eines Songs mit Refrain, eine andere als bei der Vertonung von Gedichten?

Manuel:
Ganz und gar nicht. Da die Texte zumeist vor der Vertonung entstehen, richtet sich die musikalische Umsetzung nach dem Text. Ist also ein Refrain vorhanden, wird entschieden, ob er als solcher behandelt oder umgesetzt wird. Gibt es keinen Inhaltlichen Refrain muss man sehen, ob nicht eine Strophe Refrain-Charakter besitz. Jede neue Vertonung ist immer auch eine neue Herausforderung und keine dieser Herausforderungen gleicht in ihrem Weg der Entstehung irgendeiner anderen.

Amboss: In vielen Texten findet sich eine Todessehnsucht wieder. Gab es in eurem Leben Situationen, in denen ihr über einen Suizid nachgedacht habt?

Manuel:
Natürlich gab es diese und ich denke, dass fast jeder Mensch schon einmal darüber nachgedacht hat – sei es auch nur in der Form, sich vorzustellen, wie die Welt wohl aussehen würde, wenn man plötzlich verschwunden wäre.

Magnus:
Wobei ich nicht unbedingt der Meinung bin, dass dieses „sich Vorstellen, was wäre wenn“, gleichzusetzen ist mit einem wirklichen Suizid-Gedanken.

Manuel:
Stimmt, denn anders verhält es sich, ob man auch wirklich mit dem Gedanken der Ausführung eines Selbstmordes gespielt hat. An dieser Stelle muss ich für mich sagen: Nein, ein Selbstmord kommt für mich nicht in den Sinn, da es für mich das egoistischste ist, was man im Grunde tun kann. Man flüchtet lediglich vor seinen eigenen Problemen und beschert dem Umfeld nur neue oder wälzt diese auf andere ab. (Ich möchte damit aber nicht gesagt haben, dass in einer Schlacht, die Flucht als Möglichkeit, nicht auch die bessere Wahl sein kann!)

Amboss: Sicherlich eine ungewöhnliche Frage angesichts eurer düsteren, tiefmelancholischen Musik (und dann auch noch mittendrin). Worüber könnt ihr herzhaft lachen?

Magnus:
Eigentlich über alles und jeden! Wir beide sind sehr humorvolle Wesen (auch wenn unsere Musik das nicht vermuten lässt). Das Leben besteht eben nicht immer nur aus Tod, Trauer und Schmerz, es ist nur ein Teil davon. Wir denken darüber nach, verarbeiten es für uns persönlich und geben unsere Erfahrungen in unserer Musik wieder. Vielleicht hilft uns genau diese Art der Verarbeitung das Leben etwas lockerer und humorvoller zu nehmen.

Amboss: Ihr habt euch zwar von CD zu CD gesteigert, allerdings nie den Stil geändert. Gibt es manchmal auch die Sehnsüchte aus dem typischen Sinnflut-Sound auszubrechen?

Magnus:
Die gibt es teilweise schon. Es ist aber nicht so einfach. Da das bei uns sowieso ein langwieriger Prozess ist werden wir uns einfach selbst überraschen lassen wo es uns musikalisch hintreibt.

Amboss: Was steckt hinter dem romantisch, schlichten Artwork und wie seid ihr auf die Idee gekommen, das sowohl Vorder- und Rückseite wie ein zweiteiliges Puzzle zusammengefügt werden kann?

Manuel:
Die Idee resultiert aus dem Gesamt-Konzept „GEFÜGE“. „GEFÜGE“ meint mehrere Dinge vor allem 1. Als Substantivierung von ’sich fügen‘ – z.B. Der Lauf des Lebens ist ein ewiges Gefüge der Menschheit in ihr Schicksal. 2. Als Formation und im Kontext zu ‚zusammenfügen‘. Also auf den Punkt gebracht, zusammenfügen und sich jemandem/etwas fügen.

Beide CDs waren, wie schon gesagt, von Anfang an eigenständig, aber sie ergänzten einander, sie fügten sich zusammen. Der nächste Schritt, nach dem die Entscheidung eine Doppelveröffentlichung zu wagen gefallen war, bestand darin, diese Doppeldeutigkeit auch auf das Artwork zu übertragen. Dabei entstand ein inhaltlich sehr dichtes Szenarium.

Teil 1 des „GEFÜGE“ spiegelt das ’sich fügen‘ wieder. Eine Person steht einsam inmitten eines Weges und blickt auf die vor ihm liegende Brücke. Diese Brücke ist zugleich Hauptmotiv dieses Szenariums, da sie wortwörtlich die Brücke bildet … doch zu was? Das Artwork weist 3 Hauptebenen auf. 1. Die Szene – die Gesamtsituation 2. Das Seil, das neben dem Hocker am rechten Rand unter der Brücke liegt und das damit die Funktion des „Schicksals“ übernimmt. 3. Die Reaktion – wird sich die Figur dem Schicksal fügen, oder nicht?

Teil 2 des „GEFÜGE“ ist die andere Seite der Brücke. Hier wird Gefüge im Sinne von ineinander greifen dargestellt. Dies geschieht mit Hilfe des mechanischen Hebewerks der Brücke, das (vergrößert in den Innenseiten des Booklets und auf dem CD-Label zu erkennen) durch einen Hebel gesteuert werden kann. Zahnräder greifen, fügen sich ineinander um die Brücke in Bewegung zu versetzen. Es besteht somit die Möglichkeit dem Schicksal zu entgehen.

Die Brücke führt also auf die andere Seite, hin zum Schicksal und das (hier mechanische) Gefüge hat die Macht zu entscheiden, ob man sich dem Schicksal fügt, oder nicht. Natürlich ist das mechanische Gefüge hier nur symbolisch gemeint und verweist auf die Situation, die individuelle Konstellation von Ereignissen eines jeden Menschen, in die man eingebettet, eingefügt ist.

Amboss: Ich hatte ja gehofft im Song „Die Brücke“ etwas mehr über den Hintergrund des Hauptteils eures Covers zu erfahren. Dieser bleibt allerdings instrumental. Was hat es also mit der Brücke auf sich. Wer ist der Mensch davor und was hält er in der Hand?

Manuel:
Das mit der Brücke ist hoffentlich verständlich geworden. Ich freue mich aber sehr, dass dir das Detail, dass sich etwas in seiner Hand befindet, aufgefallen ist.

An dieser Stelle nämlich spannt „GEFÜGE“ den Bogen zu den voran gegangenen Alben, insbesondere zu „Band 3 – Das Vermächtnis“. In der Hand der Figur befindet sich „Das Vermächtnis“ – niedergeschrieben und auf dem Weg sich seinem Schicksal zu ergeben und den Tod zu finden. Im Hintergrund erkennt man die Bühne, die das Haupt-Szenario im Cover-Artwork gespielt hat und die drei Bäume, die zusammen mit der Bühne zentrales Thema des Videos zu „Im Anblick meines Augenblickes“ waren. Es fügt sich also alles zusammen…

Amboss: Zum Cover/ Booklet noch zwei weitere Fragen. Warum verzichtet ihr auf die Ausschreibung eures Bandnamens und benutzt nur SF. Warum fehlt im Booklet der Text zu „Im Labyrinth der Angst“?

Manuel:
Ganz einfach, SF als Initialen und Sinnflut-Logo ist kurz, prägnant und dennoch eindeutig. Des Weiteren steht auf dem Cover die Kunst im Vordergrund und nicht der Name!

Der Text zu „Im Labyrinth der Angst“ ist leider aus technischen gründen nicht im Booklet erschienen. Erst nach erfolgtem Druck der Booklets haben wir uns kurzfristig dazu entschieden, diesen Titel mit auf „GEFÜGE – Teil 2“ zu nehmen – das Inlay konnten wir noch retten, doch wäre es für uns nicht tragbar gewesen alle Booklets nochmals drucken zu lassen … sorry.

Magnus:
Als Ausgleich: Der Text zu „Im Labyrinth der Angst“ ist auf unserer Homepage nachzulesen.

Amboss: Gefüge ist schwermütig und in mancher Gemütslage schwer konsumierbar. Wie, wo und warum entfaltet das Werk am besten seine Faszination?

Manuel:
Das hört sich ja fast an, als sollten wir eine „Bedienungsanleitung“ zu unserer Musik liefern… nein, mal ehrlich – jeder bestimmt doch den Zeitpunk und die dazu seiner Meinung nach gehörende Musik selbst! Zumal ich der Meinung bin, dass gerade unsere Musik in unterschiedlichen Gefühlssituationen unterschiedliche Wirkungen entfalten kann, da sie teilweise doch gefühlsabhängig interpretierbar ist.

Amboss: Die Prosa der Texte ist sehr ausdrucksstark. Gibt es literarische Erzeugnisse, welche einen Einfluss auf die Texte haben?

Manuel:
Nein, eigentlich nicht. Es gibt zwar Dichter, deren Umgang mit den Worten ich sehr zu schätzen weiß. Zu behaupten ihr Stil würde den meinen beeinflussen, würde aber zu weit gehen.

Amboss: Im letzten Interview habt ihr von einer geplanten Single („Im Anblick meines Augenblickes“) samt dazu gehörigen Video gesprochen. Was ist daraus geworden?

Manuel:
Auf jeden Fall ist dieses Ziel noch nicht aufgegeben. Das Video existiert, entsprechende Lieder, die zur Veröffentlichung bestimmt sind auch. Leider fehlte bisher das nötige Kleingeld um diese Produktion abzuschließen. Als wir die Wahl hatten, entweder eine Single oder ein neues Album zu veröffentliche, fiel die Wahl natürlich auf die Doppelveröffentlichung – wir hoffen im Sinne unserer Hörer!

Amboss: Die schwarze Szene ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, es gibt massig Publikationen, selbst das Fernsehen wurde entdeckt. Allerdings scheint es eure Musik/ Musikrichtung gar nicht zu geben. Wünscht ihr euch manchmal mehr stattzufinden?

Manuel:
Schwer zu sagen. Natürlich möchte man gehört werden, aber was würde eine so große öffentliche Aufmerksamkeit mit dieser Musik anstellen? Ich denke, gerade für Künstler dieser Sparte ist es wichtiger ihr Begehren in die ehrlichen Ohren weniger, als in die einzig konsumierenden einer breiten Oberfläche, zu legen.

Amboss: Ihr beide ähnelt euch auf Fotos wie eineiige Zwillinge. Seht ihr euch auch so oder eher als perfekte Ergänzung?

Manuel:
Eher die Ergänzung.

Magnus:
Auf jeden Fall!

Amboss: Ihr seid eng mit der schwarzen Szene verbunden. Gibt es ein Leben außerhalb dieser Szene und wie sieht dieses aus?

Manuel:
Gibt es denn ein Leben außerhalb seiner Gedanken? Ich denke nicht und halte es auch irgendwie für schizophren im Alltag eine andere Rolle zu verkörpern, als in der Freizeit.

Magnus:
Natürlich gibt es immer wieder Situationen, in denen man sein eigenes Empfinden unterordnen muss und gerade im Job nicht umhin kommt Kompromisse einzugehen, dass ist auch völlig in Ordnung. Doch gleich von außerhalb und innerhalb einer Szene zu sprechen ist auch meiner Meinung nach übertrieben.

Manuel:
Wir tragen das Gefühl, dass die Szene erst entstehen ließ doch in unserem Herzen!

Ich für mein Teil jedenfalls bin in der Berufsgruppe Medien-/Grafik-Designer angesiedelt und arbeite dort auch fleißig.

Amboss: Wie würdet ihr mit eigenen Worten eure Musik beschreiben?

Manuel:
Wie oft haben wir DAS schon versucht! Es ist und bleibt Musik aus dem Herzen. Wir versuchen die Gewaltigkeit empfundener Gefühle und Situationen in ihrer ganzen Größe und Stärke in einem musikalischen Gewand wiederzugeben. Wir wollen mit ehrlicher Musik die Menschen bewegen.

Die Mittel dieses Ziel zu erreichen umfassen dabei bisher sowohl elektronische, rockig bis gitarrenlastige, klassisch bis orchestrale als auch pianodeske Stilformen.

Amboss: Was haltet ihr von der momentanen Musik im Allgemeinen und der dunklen Musik im Besonderen?

Manuel:
Trotz der allgemeinen Überflutung mit schlechter Musik, gibt es immer wieder hoffnungsschwangere Lichtblicke… in den dunklen Gefilden mehr, in den allgemeinen weniger.

Amboss: Sind die Casting-Shows das beste Beispiel für eine enorme Volksverdummung?

Magnus:
Ich glaube nicht, dass die Casting-Shows eine Volksverdummung repräsentieren. Meiner Meinung nach zeigt Deutschland damit nur, was ein richtig schlechter Musikgeschmack ist.

Andererseits lässt sich auch ein positiver Aspekt abgewinnen. Denn mit Hilfe dieser Shows wird erstmals wieder die breite Masse dazu bewegt, sich aktiv mit Musik auseinanderzusetzen und sich nicht nur berieseln zu lassen. Auch wenn das musikalische Spektrum ein wenig breiter gefächert sein könnte, so bleibt das Wesen „Musik“ in der Allgemeinheit noch ein wenig lebendiger.

Amboss: Eine kleine politische Abschlussfrage. Wo seht ihr die Vorteile, wo die Nachteile der Wiedervereinigung?

Manuel:
Wir möchten uns aus diesem Themenbereich bitte heraushalten. Es gibt schon viel zu viele, die in Sachen hineinreden, von denen sie nichts (oder nicht genügend) verstehen, da müssen wir das nicht auch noch tun…

Vielen Dank für das Interview!
www.amboss-mag.de – 21.03.2004