Über GEFÜGE – Teil 1

Hinter „GEFÜGE – Teil 1“ verbirgt sich der erste Teil eines Konzeptes, dass sich über zwei getrennte Alben erstreckt und diese fest zusammen schweißt. Erst in ihrer Einheit eröffnen sie dem Hörer, unterstützt durch die symbolische Aussagekraft der CD-Cover, ihre Gesamtaussage.

Die Entscheidung eine Doppelveröffentlichung zu wagen, fiel im Laufe der Überlegungen, wie wir dem Hörer die Fülle unseres neuen Materials zur Verfügung stellen sollten. In Betracht dessen, den Hörer nicht „überfordern“ zu wollen und ihm unser Material in gesunden bzw. verträglichen Portionen zur Verfügung zu stellen, schied die Möglichkeit einer Doppel-CD aus. Wir wollten keine „ewig- lange-CD“, bei der der Zuhörer in der zweiten Hälfte abschaltet und sich nur noch berieseln lässt und somit also die Aussage versäumt. Es sollten zwei Alben entstehen.

Um die Gesamtaussage des Konzeptes aber nicht zerreißen zu lassen, sollte der Entscheidung zwei Alben zu produzieren, nun die Entscheidung den Termin der Veröffentlichung für beide gleich zu setzen, folgen. So steht dem Hörer immernoch die Möglichkeit offen, von Beginn an beide Alben aufeinander folgend zu hören, wenn er das denn möchte.

Besetzung
Musik: SINNFLUT
Texte: Manuel Bartsch
Gaststimme: Carolin Davila Davila in „Als ich wieder einmal gebrochen bin“

Sinnflut sind
Magnus Bartsch, Manuel Bartsch

Lyrics

Eine Nacht von stiller Schönheit aufgestellt,
den Mond von fester Zuversicht erhellt
und ein fernes Lächeln auf den Lippen,
das nur dem eignen Herz gefällt –

In diesem Sehen schreite ich durch meinen Tag
und warf den Weg in Sicherheit
der vor meinen Füßen lag,
doch ward getrügt ein jeder Schritt;
schon unausweichlich Teil der hohlen Jagd.

Mit leeren Blicken köpfte Dummheit
durch das Handeln junger Menschen,
der Unterschied das Ziel gewählt
und rücksichtslos um mich gesorgt
lief ich – geradeaus – um abzulenken.

Hässlichkeit erfasste meine Sicht
sie hielt mich fest – der Boden war verloren,
ich fühlte jetzt wie schwach ich bin
so hilflos, mutlos, feige, schlicht
– ich schäme mich.

Gebrochen, betäubt von Unfassbarkeit
geahnt, gewusst, doch stets verdrängt,
erfüllt von Bitterkeit, enttäuscht
und zu schnell gelernt, wieder
in die Augen zu blicken.

meine Augen sind verflossen
meine Stimme wiegt nicht mehr
meine Lippen sind verschlossen
meine Hände sind so schwer

meine Tränen sind so müde
meine Bilder ausgesetzt
verkümmert ist mein Flehen
und mein Herz so tief verletzt

das ich schreie
ohne Willen
und mich selbst
zum Teufel hetz

sieh die Wahrheit
sieh das Ende
sieh die Hoffnungslosigkeit

sieh die Richtung
sieh das Wiegen
der Demut in Sinnlosigkeit

nachts hat sie’s manchmal schwer
die Augen zu zuhalten
der große Fluss macht ihr nicht halt
und meist sucht sie Schutz in ihren Mauern
ehe sie aufgibt (so wie immer)
und den ihren Gast willkommen heißt
oft schon flehte sie er würde geh’n
sich und andre Dinge reißen
oder er wär endlich leer
dann könnt sein Salz sie nicht mehr beißen –
doch von all den Dingen ist nie etwas gescheh’n
und noch immer liegt sie da und weint
und wieder heißt sie ihn willkommen
den ihren Gast, dessen Bett sie bleibt

in all dem Wehen und dem Klagen
beschließt sie nun die Quelle
ein für alle Tage stillzulegen
und sie öffnet sich und auch ihr Herz
– alles lässt sie fließen
und endlich kann sie zum aller ersten Male
ganz von selbst und ohne Kraft
ihre müden Augen schließen

und in einer Woge der Gewissheit schläft sie ein
und allmählich schwindet ihre Nacht
und bei all dem Gehen fühlt sie sich sicher
und sie weiß:
Im Leben hätte sie das nicht geschafft!

Ich stand im Schatten eines Grabes
am Hang in kalter Nacht
ein Bild war in den Stein gehauen
und hat mich ausgelacht

Es sang ein Lied von Harmonie
beschrieb die Berge und das Meer
es zog mich in die klaren Lüfte
und verriet mir so viel mehr

Ich vernahm den stillen Ruf der Vögel
sah die Blüten und das Gras
um mir das warme Licht, die frischen Wolken
doch da war etwas, das ich vergaß

Die Idylle blendete mein Augenlicht
es war zu schön, was ich erfuhr
und erkennend hab ich aufgesehen
es fehlte menschliche Natur

So stand ich da, wie schon zuvor
und mir war kalt
ich drehte um, wies ihm den Rücken
und hörte weiter, wie das Lachen schallt

Wer läuft so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater ganz ohne Kind.
Er hinterlässt den Knaben krank und arm,
Er vergisst ihn sicher nebst seiner Dam‘.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du die Königin nicht!
Die Königin mit Kron‘ und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

Du liebes Ding, komm geh‘ mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
Manch bunte Blumen bau ich im Sand,
Meine Erde hat ein gülden Gewand.

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was die Königin dir leis‘ verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt der Wind.

Willst feiner Mann du mit mir geh’n?
Meine Umarmung soll dich warten schön,
Meine Umarmung rührt den nächtlichen Wein
Und wiegt und tanzt und singt dich ein.

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Der Königin Gelächter an düsterem Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh‘ es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.

Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst sie dich an,
Die Königin hat mir ein Leids getan.

Dem Vater wird’s wärmer, er läuft geschwind,
Er hält in den Armen kein ächzendes Kind,
Erreicht den Hof ohne Mühe und Not,
In seinem Denken das Kind war tot.

Der Jüngling heute, leidet nicht mehr,
Trägt stolz vor sich sein Leben her.
Der Knabe von damals weiß noch bescheid
Doch starb er samt Vater vor Gebirgen aus Zeit.

Reviews

Dark Wave-Epen voll poetischer Texte

(Punkte: 9/10)

Zeitgleich zwei Alben zu veröffentlichen, das wagen selbst etablierte Bands nur selten, und wenn es sich dann auch noch um solch schwermütige und atmosphärisch zum Teil erdrückende Kompositionen handelt wie die der Gebrüder Bartsch, dann verdient das Respekt und Anerkennung.

Wie bereits auf den Vorgängeralben zelebrieren Sinnflut auch dieses Mal minimalistisch instrumentierte, aber klassisch beeinflusste Dark Wave-Epen voll poetischer Texte und melancholischer Ausdruckskraft. Musikalisch schwelgen Sinnflut dabei in einer beinahe überwältigenden Stimmung der Hoffnungslosigkeit, reduziert auf wenige Akkorde und ohne jeglichen atmosphärischen Hoffnungsschimmer im molltönenden Klangbild der Kompositionen.

Geblieben ist der fast schon rezitative und hypnotisierende Gesangsausdruck Manuel Bartsch’s, ohne Modulation, scheinbar emotionslos und seltsam distanziert zu den Texten der Lieder. Doch gerade in dieser Distanz und dem Reiz des unvereinbar scheinenden liegt die Faszination dieser Sinnflut, die über einen kommt, einen körperlichen zu erdrücken scheint, auf der anderen Seite jedoch durch seine lyrischen Inhalte erst den bedeutungsschwangeren Sinn dieser düsteren Klangwelten enthüllt.

Sich nun beiden Alben ohne eine Pause hintereinander anzunähern ist beileibe kein leichtes Unterfangen, nimmt einen die unbeschreibliche Schwermut schnell gefangen und reduziert die emotionale Leidens- und Ausdrucksfähigkeit seiner Zuhörer auf ein absolutes Minimum. Doch wer sich diesen Stimmungen gerne hingibt, der wird in Sinnflut und dem „GEFÜGE“ seine Meister gefunden haben.

MK

Obliveon.de - Musikmagazin

Theatralik, die den Hörer zu fesseln weiß

Die Gebrüder Magnus und Manuel Bartsch aus Leipzig verlegen bereits seit 1998 ihre Musik unter dem Namen SINNFLUT in Eigenproduktion. Nun liegen die zwei Alben „Gefüge Teil 1 und 2“ vor mir, die jedoch eigentlich mehr als ein Album zu sehen sind. Obwohl jeweils auch einzeln erhältlich handelt es sich hier auf den ersten Blick um ein Gesamtkunstwerk, da sowohl Booklet wie auch die Musik auf Teil 2 ihre Fortsetzung finden.

Auf der Homepage des Dark-Wave-Projekts las ich, dass sie ihre Songs selbst als eine Vertonung von Poesie und Emotionen verstehen, die in ihrer Einheit bewegen soll. Als ich somit das erste Mal in die zwei CDs hineinhörte, war ich gespannt, was mich erwartet. Schnell stellte ich fest, dass die Musik von SINNFLUT nicht dazu geeignet ist, sie sich mal eben so nebenbei anzuhören, denn man sollte sich wirklich die Zeit und Ruhe nehmen, die Musik auf sich wirken zu lassen. Bei ihren Tracks handelt es sich um fast monumentale Kunstwerke, welche mit viel Gefühl und Sehnsucht daher kommen. Unterschiedliche Längen der Lieder, von einer bis zu 12 Minuten, machen die Alben zu einer Reise durch verschiedene Gefühlsstimmungen des menschlichen Wesens.

„Gefüge Teil 1“ beginnt mit einem orchestralen Piano-/ Keyboard-Opener, welcher der Melancholie und Trauer freie Bahn lässt und im „Gefüge Teil 2“ als Outro wieder aufgenommen wird. Alle Songs des ersten und zweiten Teils überzeugen durch sanfte elektronische und rhythmische Facetten, teilweise versetzt mit heftigen Drums. Im zweiten Song Teil 1 („Als ich wieder einmal gebrochen bin“) kommt die Sängerin Carolin Davila zum Zuge und im Titel „Mein Wunsch 1 und 2“ (auf „Gefüge Teil 2“) die E-Gitarre von Michael Krahn. Schnell wurde mir bewusst, dass diese CDs nichts für schwermütige, niedergeschlagene Menschen sind, denn die Texte sind derart emotional ergreifend, dass sie diese Menschengruppe wahrscheinlich vollends in den Abgrund treiben würden. Songs wie „Nicht im Leben“ oder „Die Königin“ (von Goethe’s Erlkönig adaptiert) jagen einem eine Gänsehaut über den Körper. SINNFLUT verarbeiten auf ihrem Doppel Output viele klassische Instrumente und untermalen die Songs ab und an auch mit Glockenklängen. Der Sprechgesang verleiht den melancholisch traurigen Texten das gewisse Extra. Eine etwaige Verwendung in irgendwelchen Tanztempeln ist dagegen eher ausgeschlossen. Somit ist die Musik von SINNFLUT auch kein Abklatsch irgendwelcher Vorbilder, sondern ganz im Gegenteil sehr eigenständig. Manche Passagen in ihren Liedern erinnern mich etwas an die ersten Werke von LACRIMOSA oder GOETHES ERBEN, aber das war’s auch schon.

Die düstere Atmosphäre, die ihr Liedgut heraufbeschwört, würde sich gut in Horrorfilmen oder geisterhaften Friedhofs-Szenen machen. Sie erschaffen mit ihren balladesken Keyboardsonaten eine Theatralik, die den Hörer zu fesseln weiß, wenn er die Musik richtig auf sich wirken lässt. Die vorhandene innere Ruhe der Tracks lenkt dabei die Aufmerksamkeit der Hörer direkt auf die Lyrics, die Manuel aus einer 5-bändigen Gedichtssammlung verarbeitet hat. Meiner Meinung nach ist die Musik von SINNFLUT für einige Leute mit Vorsicht zu genießen, da man, wenn man ihre Lieder in einer schwermütigen Stimmung hört, sicherlich dazu verleitet werden kann, Unüberlegtes zu tun… Als Beispiel möchte ich eine Textpassage aus „Mein Wunsch“ anführen, damit ihr versteht, was ich meine: „Das war mein Wunsch und ich erfüllte ihn mir… von nun an nur noch dazuliegen, das Rätseln, die Welt um einen zu vergessen, sich aus der Hektik auszuschalten, das umgebende Getuschel zu ignorieren und mich nur auf das Weißwerden der Umgebung zu konzentrieren… so wurde ich begraben… würde ich nicht für immer nur noch daliegen wollen, um mir einen neuen Traum auszudenken…“. Genau das richtige für tiefschwarze Herzen!

Terrorverlag - Musikmagazin

Eine romantisch Reise durch Melancholie und Trauer

Sinnflut ist eine noch relativ unbekannte Band. Das aber auch unbekannte Bands gute Musik machen können, müsste in der Szene eigentlich jedem bekannt sein.

Sinnflut besteht aus den beiden Brüdern Magnus und Manuel Bartsch aus Leipzig und wurde 1998 gegründet. Mit dem vorliegenden Werk kann die noch recht unbekannte Band bereits auf die vierte(!) Veröffentlichung zurückblicken.
Obwohl „GEFÜGE“ mit Teil 1 & 2 als zwei einzelne CDs erhältlich ist, ist es doch eigentlich als ein Album zu sehen. Diese Verbindung wird schon durch das Coverartwork der beiden CDs deutlich, welches sich gegenseitig ergänzt. Als lyrische Grundlage der deutschen Texte dient eine 5 bändige Gedichtssammlung von Manuel Bartsch.

Die Musik fällt sicherlich als erstes mit gewisse Parallelen zu frühen Lacrimosa-Werken auf. Hört man jedoch genauer hin, so offenbart sich in vielen Passagen doch eine erstaunliche Eigenständigkeit. Sanfte elektronisch rhythmische Facetten – häufig getragen von orchestralen Klanggebilden – und manchmal auch nur ein einsames Piano bilden das musikalische Grundgerüst für eine romantisch Reise durch Melancholie und Trauer. Sehr gefühlvoll, mit teilweise eindringlicher Monotonie vorgetragen und von bittersüßen Klängen umrahmt, wird Hoffnungslosigkeit, Trauer und Todessehnsucht in düster verklärter Romantik zelebriert. In einer dunklen Flut versunken schallen verzweifelte Laute an meine Ohren und schmeicheln die Sinne auf köstlich schwarze Weise. Die zumeist überlangen Stücke bilden einen steten Strom von Gefühlen und Empfindungen, welche Besitz ergreifen und den Hörer so schnell in ihren Bann ziehen. Am Ende steht dann ein Erwachen, wie aus einen fernen Traum.

Sicherlich ist „GEFÜGE“ keine leichte Kost. Beim mal so Nebenbei hören wird sich „GEFÜGE“ nicht erschließen lassen. Wer es eigentlich eher rockiger oder etwas dancelastiger mag, der sollte die Finger davon lassen. Wer sich aber sehr gern sanfter dunkel-melancholischer Musik hingibt, der sollte sich die beiden CDs von Sinnflut unbedingt mal anhören.

Auf der Bandhomepage gibt es neben ausführlichen Informationen und allen Texten auch viele MP3-Musikbeispiele. Außerdem kann man dort auch alle Veröffentlichungen der Band bestellen.

Darkweb.de - Musikmagazin

Eine Dark Wave-Oper

Die Gebrüder Bartsch kommen gleich mit zwei neuen Werken daher. Entstanden ist ein monumentales Gesamtkunstwerk, welches die schwermütigen Töne des Dark Waves mit einer akzentuierten Klassik verbindet. Es scheint, als hätte sich dieses Duo eine eigene Nische geschaffen und bittet nun die schwarzen Herzen, darin Platz zu nehmen und in eine Welt einzutauchen, deren Düsternis in ein Kleid der Romantik gekleidet, voller schwarzer Pracht den Hörer eine depressiv gefärbte, teils bedrohliche Atmosphäre in die Gehörgänge transferiert. Der Bombast als ruhig inszeniertes Kleinod voller Gefühl. Texte voller Sehnsucht, welche mit allen Fingern tief in den Wunden der Seele rumpulen.

Sakral durchdringend die Instrumentierung, deren bestimmendes Element das Piano darstellt. Auf diesen Wogen der Schwermut schwebt ein düster-monotoner Gesang, der Gedanken-versinkend, leise strahlend die Hand ausstreckt, um den Hörer hinabzuziehen in die wundervolle Welt der Dunkelheit. Die Texte sind von durchdringenden Worten beherrscht, die sich zu Sätzen zusammenfügen und im Gesamten die Gänsehaut durch den ganzen Körper jagen.

Insgesamt eine Dark Wave-Oper, deren Rückführung zum traditionellen deutschen Dark Wave eine interessante Reise beherbergt. Kein lichter Moment umhüllt die Düsternis, die erdrückende Last als Mahnmal der Schwere. Versunken die Schönheit und doch auferstehend aus den Gräbern der wirren Gedanken. Depressive, verspielte Demut erzeugt Stimmungen, die im Glanz wahrer Gefühle dieses Werk zur wärmenden Decke für die verzweifelte Seele machen.

Ein tieferer Einblick in die Welt von Sinnflut liefert ein Blick auf www.traenendes-herz.com und das in Bälde erscheinende Interview.

andreas

Amboss-Mag.de - Musikmagazin